Der Internationale Tag der Opfer des Verschwindenlassens, auch bekannt als Tag der Verschwundenen, wird weltweit jedes Jahr am 30. August begangen. Der Tag verweist auf die staatsterroristische, willkürliche Inhaftierung oder Entführung von Personen durch Regierungsbeamte oder durch organisierte Gruppen bzw. Privatleute, welche im Auftrag oder mit Duldung der Regierung handeln. Auskunft über den Verbleib der Personen wird von den Behörden anschließend verwehrt und der Vorwurf einer Freiheitsberaubung nicht anerkannt, so dass die betroffenen Personen sich außerhalb des rechtsgültigen Raums befinden. In vielen Fällen werden die Opfer jedoch nicht nur entführt, sondern auch gefoltert und ermordet. Verschwindenlassen wird oftmals eingesetzt, um innerhalb der Gesellschaft Schrecken zu verbreiten sowie Oppositionelle einzuschüchtern. Heutzutage wird die Praktik hauptsächlich in innerstaatlichen Konflikten angewandt, z.B. um politische Gegner zu unterdrücken.
Im Dezember 2006 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, mit der Resolution 61/117 eine Konvention für den Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen aufzulegen und setzte den 30. August als Tag gegen das Verschwindenlassen fest. Im Dezember 2010 trat die Konvention in Kraft. Zuvor bestanden bereits die Arbeitsgruppe zur Frage des Verschwindenlassens von Personen, sowie die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen. Allerdings herrscht in vielen Staaten weiterhin Straflosigkeit für diese Vergehen, so dass die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, zumal von den Opfern in den meisten Fällen für lange Zeit jede Spur fehlt. Im Jahr 2012 wurden von Amnesty International in 31 Ländern Fälle von Verschwindenlassen dokumentiert. Sowohl die Konvention als auch das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs stufen Verschwindenlassen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein, wodurch es von einer Verjährungsfrist ausgenommen wird und Täter somit gegebenenfalls auch noch nach über 20 Jahren belangt werden können.
Besonders weit verbreitet war die Vorgehensweise des Verschwindenlassens in den Militärdiktaturen Lateinamerikas, wo die verschwundenen Personen seither als „Desaparecidos“ (Verschwundene) bezeichnet werden. Zwischen 1966 und 1986 sollen in Lateinamerika dadurch etwa 90.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Seither wurde diese Praktik nachweislich ebenfalls in Afrika, Asien und Teilen Europas angewendet.
Die Initiative des Internationalen Tages gegen das Verschwindenlassen gründet sich auf die Anstrengungen der FEDEFAM (Federación Latinoamericana de Asociaciones de Familiares de Detenidos-Desaparecidos), eine nichtstaatliche Organisation, die 1981 in Costa Rica gegründet wurde und mittlerweile konsultativen Status im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) besitzt. Ihr Anliegen ist es, Verschwundene zu retten, Familien zusammenzuführen und Ermittlungen gegen Täter voranzutreiben.
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2023
AKTIONEN ZUM GEDENKEN DER OPFER DES GEWALTSAMEN VERSCHWINDENLASSENS
Online-Veranstaltung „Briefe für eine Zukunft: Kindheit und Verschwindenlassen“
Das Kollektiv Voz de los Desaparecidos en Puebla, Técnicas Rudas, das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit, Brot für die Welt und Partner Südmexikos laden herzlich zur Vorführung des Dokumentarfilms „Briefe für eine Zukunft“ mit anschließender Online-Diskussion ein.
Veranstaltung „Erinnern an vier verschleppte Garífuna“
Sneider Centeno, Suami Mejía, Gerardo Tróchez, Milton Martínez: Vier junge Garífuna wurden am 18.07.2020 aus ihrem Dorf an der honduranischen Karibikküste verschleppt. Die Garífuna sind eine Bevölkerungsgruppe mit karibisch-indigenen und afrikanischen Ursprüngen.
Mitmachaktion „Erinnert euch!“
Zum Gedenken an die Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens erweitert das Berliner Kollektiv CADEHO gemeinsam mit dem Ökumenischen Büro aus München, der Koalition gegen Verschwindenlassen und dem Haus Schwarzenberg das Wandbild der Verschwundenen (2021), das die Portraits von verschwundenen Personen aus der ganzen Welt zeigt.
Website „A dónde van los desaparecidos“
Journalist*innen in Mexiko rund um die Website „A dónde van los desaparecidos“ veröffentlichen eine Reihe von Reportagen und am 30.8. (20:00 Uhr, Mexiko-Stadt) findet auf dem Twitter/X-Account @DesaparecerEnMX ein Live-Audio-Gespräch (Twitter Space) über journalistische Berichterstattung zum Thema Verschwindenlassen statt.
Online-Veranstaltung „M(IN)UTE TOGETHER AGAINST IMPUNITY“
Anlässlich des Internationalen Tages der Opfer des Verschwindenlassens organisiert FEMED die Online-Aktion: „M(IN)UTE TOGETHER AGAINST IMPUNITY“.
Social-Media Kampange „The week of Disappearances“
Die Menschenrechtsorganisation Defence of Human Rights (DHR) informiert in der Social-Media Kampagne „The week of Disappearances“, die gemeinsam mit lokalen Organisationen und Aktivist*innen durchgeführt wird, über das gewaltsame Verschwindenlassen in Pakistan.