Libyen befindet sich in einer tiefen politischen und gesellschaftlichen Krise, geprägt von der Rivalität zwischen der international anerkannten Regierung der Nationalen Einheit (GNU) in Tripolis und den Libyschen Arabischen Streitkräften (LAAF) im Osten. Diese Konflikte fördern systematische Menschenrechtsverletzungen, darunter willkürliche Inhaftierungen und das Verschwindenlassen.
19 Unterstützer des ehemaligen GNU-Verteidigungsministers Al-Mahdi al-Barghathi, die vor einem Jahr in Bengasi von LAAF-nahen Milizen entführt wurden, gelten weiterhin als verschwunden. Amnesty International dokumentierte Hinweise auf außergerichtliche Hinrichtungen und Folter. Al-Barghathis Familie erhielt weder seinen Leichnam noch Informationen über seinen Tod. Sie fordern umfassende Ermittlungen und ein Ende der Straffreiheit.
Die GNU plant derweil repressive Maßnahmen, darunter die Einführung einer „Moralpolizei“, die Frauen ab neun Jahren zum Tragen des Schleiers zwingen, Geschlechterinteraktionen regulieren und persönliche Entscheidungen zu Kleidung und Aussehen kontrollieren soll. Zudem sollen Frauen für Auslandsreisen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen müssen. Amnesty International kritisiert diese Pläne scharf, da sie grundlegende Rechte auf Autonomie, Meinungsfreiheit und Gleichheit verletzen. Expert*innen befürchten, dass das Gesetz dazu dienen solle, kritische Personen leichter und ohne rechtliche Verfahren zu inhaftieren, was wiederum die Gefahr des gewaltsamen Verschwindenlassens erhöht.