Die Koalition gegen Verschwindenlassen und die Galerie Neurotitan erinnern mit einem Wandbild an die weltweiten Opfer des Verschwindenlassens. In Zusammenarbeit mit Künstler*innen Nele Konopka, Tobias Morwaski, Sol Undurraga entstand zwischen dem 24. und 27. August 2021 im Hof vom Haus Schwarzenberg in Berlin-Mitte ein Kunstwerk mit Portraits, Namen und Forderungen der Opfer von Verschwindenlassen.

Die auf dem Wandbild gemalten Bilder der Verschwundenen aus Argentinien, Mexiko, Kolumbien, Guatemala, Honduras, El Salvador, Spanien, Philippinen und Syrien zeugen von der weltweiten Verbreitung des Verbrechens. Allein in Lateinamerika verschwanden mindestens 200.000 Personen, in Asien mindestens 30.000 Menschen. Die Koalition gegen Verschwindenlassen erzeugt durch die Aktion öffentliche Aufmerksamkeit für die Opfer. Dies ist ein wichtiger Aspekt um die zurückgebliebenen Familienangehörigen in ihrer Suche zu unterstützen und auf das Schicksal der Betroffenen hinzuweisen.

Aktuelle Fälle des Verschwindenlassens finden sich in verschiedensten Teilen der Welt. Im vergangenen Jahr sind vier Garifunas in Honduras gewaltsam aus ihrem Dorf verschleppt worden. Auch in Mexiko verfolgten und verschleppten bewaffnete Einheiten der staatlichen Sicherheitskräfte und des Organisierten Verbrechens 43 Studenten aus Ayotzinapa im Jahr 2014. Straflosigkeit und fehlende Aufklärung herrscht in allen Fällen. Auch beim Verschwindenlassen von Jonas Joseph Burgos aus den Philippinen. Obwohl der oberste Gerichtshof das Militär für sein Verschwindenlassen im Jahr 2007 verantwortlich machte, ist sein Aufenthaltsort bis heute unbekannt. In Syrien verschwinden Tausende nach ihrer Verhaftung. Treibende Kraft hinter der Suche und Aufklärung der einzelnen Fällen sind die Familienangehörigen. Auch nach Jahrzehnten geben sie nicht auf, das Schicksal ihrer Liebsten aufzuklären. So wie im Fall von Alicia Raquel D’Ambra und Luis Germán Cirigliano, beide wurden 1976 in Argentinien verschwundengelassen.

„Das Wandbild steht für die Suche nach den Verschwundenen und stellt für sie Öffentlichkeit her“, bewunderte eine kolumbianische Aktivistin, die sich momentan aufgrund schwerer Morddrohungen temporär zum Schutz in Spanien und für eine globale Aktion gegen das gewaltsame Verschwindenlassen in Berlin aufhält, das Kunstwerk bei ihrem Besuch vor Ort. Ihr verschwundener Ehemann ist auf der Wand abgebildet, neben Forderungen der Familienangehörigen, die sich auf das lebende Auftauchen der Verschwundenen, Wahrheit, Gerechtigkeit und die Nicht-Wiederholung der Taten beziehen. Die Aktion sei ein besonderer Moment für sie gewesen.
Vermittler*innen der Koalition gegen Verschwindenlassen und der Galerie Neurotitan begleiteten die Entstehung des Wandbilds mit einer Mitmachaktion vor Ort. In Gesprächen mit Berliner*innen, Tourist*innen und Interessierten berichteten sie von den Betroffenen, den Erfahrungen der Familienangehörigen und Überlebender und vom Hintergrund der im kollektiven Prozess entstandenen Aktion.

Die Kunstaktion begleitet die Ausstellung „Reproducing them Infinitly“ von Leon Ferrari der Galerie Neurotitan. Der Künstler gilt als Pionier der lateinamerikanischen Konzeptkunst und regt mit seiner Kunst zur kritischen Reflektion von politischen Ereignissen an. Sein Sohn Ariel verschwand während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983).

Fotos: Henryk Weiffenbach

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