von Silke Voß-Kyeck, Deutsches Institut für Menschenrechte 19. November 2021
Lässt sich die gesammelte Expertise der zehnjährigen Arbeit eines UN-Ausschusses auf 70 Seiten für Jurist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und Regierungsvertreter*innen gleichermaßen verständlich und fachkundig zugleich darstellen? Ja – das zeigt die im September vom Ausschuss gegen das Verschwindenlassen veröffentlichte Publikation „The Work of the Committee on Enforced Disappearance“. Maria Clara Galvis Patiño, früheres Mitglied des Ausschusses, hat übersichtlich zusammengestellt, welche Entscheidungen, Interpretationen und Empfehlungen der Ausschuss in den ersten zehn Jahren seines Bestehens verabschiedet hat.
Wie zum Beispiel hat der Ausschuss konkret gegenüber den Staaten die Implementierung des Rechts auf Wahrheit eingefordert, das ein wesentliches und innovatives Element der Konvention ist? Wie wurde die Bestimmung, dass Verjährungsfristen der Schwere des Verbrechens angemessen sein sollen, gegenüber den Staaten ausgelegt? Welche Empfehlungen wurden zur Pflicht zu Untersuchungen und zur Beteiligung von Angehörigen daran ausgesprochen? Und wie genau ist die Vorgesetztenverantwortlichkeit im Kontext des Verschwindenlassens zu verstehen und sicherzustellen?
Zu diesen und vielen anderen Bestimmungen der Konvention hat der Ausschuss Berichte von Vertragsstaaten ausgewertet, mit diesen diskutiert und Empfehlungen ausgesprochen. Er hat die Suche von verschwundenen Personen mittels Dringlichkeitsaktionen unterstützt und Individualbeschwerden von Opfern auf Verletzung der Konvention geprüft. Hinzu kommen ungezählte Gespräche mit Opferorganisationen und Interessenverbänden, Nationalen Menschenrechtsinstitutionen und UN Vertreter*innen vor Ort.
Die Veröffentlichung soll dazu beitragen, diese beachtliche Sammlung von Jurisprudenz und Empfehlungen in übersichtlicher Weise bekannter zu machen. Sie soll zivilgesellschaftlichen Organisationen das Verständnis der Konvention gegen das Verschwindenlassen erleichtern, Staaten bei der Umsetzung helfen und Staatsanwält*innen und Richter*innen zur konsequenten Anwendung ermutigen. Mit anderen Worten soll die Publikation all diejenigen weltweit unterstützen, die auf ganz unterschiedliche Arten gegen das gewaltsame Verschwindenlassen kämpfen. Gut also, dass auch Übersetzungen in Spanisch und Arabisch noch folgen werden.