2020 wurden in Mexiko 3.723 Frauen und Mädchen ermordet – zehn Menschen jeden Tag. 940 Fälle untersuchen die Behörden als Feminizide. Im gleichen Zeitraum verschwanden landesweit 2.059 Frauen und Mädchen. 31 wurden tot aufgefunden, 109 gelten weiterhin als vermisst. In einem neuen Bericht („Justice on trial: Failures in criminal investigations of feminicides preceded by disappearance in the State of Mexico“) zeigt Amnesty International auf, dass Feminizide in Mexiko immer wieder auch mit Verschwindenlassen einhergehen, und dokumentiert anhand von vier Fällen aus dem Bundesstaat México, warum diese Straftaten so gut wie nie gründlich aufgearbeitet werden.

Der Bericht dokumentiert die Fälle von Nadia Muciño Márquez (ermordet 2004), Daniela Sánchez Curiel (2015 spurlos verschwunden; sie wurde bisher nicht aufgefunden, ihre Familie fürchtet jedoch, dass sie ermordet wurde), Diana Velázquez Florencio (2017 verschwunden und später ermordet aufgefunden) und Julia Sosa Conde (Ende 2018 verschwunden und später ermordet aufgefunden).

Untätigkeit und Nachlässigkeit, fehlende Kenntnisse und schlechte Ausstattung innerhalb der Behörden sorgen dafür, dass viele Feminizide nicht vollständig aufgeklärt werden und die Angehörigen oft vergeblich auf Gerechtigkeit warten. Die vier von Amnesty International dokumentierten Fälle stehen exemplarisch für diese systemischen Mängel. So gehen bei den Ermittlungen immer wieder wichtige Beweisstücke verloren oder werden von den Behörden nicht angemessen aufbewahrt und analysiert. Wichtigen Ermittlungsansätzen gehen die Behörden häufig nicht nach. Zudem werden die Taten in der Regel nicht konsequent mit einer gender-Perspektive untersucht.

Oft stellen deshalb die Angehörigen der Opfer – in der Regel selbst Frauen – eigene Ermittlungen an. Sie müssen dafür nicht nur eine erhebliche Menge an Zeit und eigenen finanziellen Ressourcen aufwenden, sondern setzen sich zusätzlichen Belastungen, Reviktimisierung und immer wieder auch erheblichen Gefahren aus. In einigen Fällen wurden sie von mutmaßlichen Tätern oder von Behördenbediensteten angegriffen, schikaniert und bedroht, damit sie den Ermittlungen nicht weiter nachgehen oder an höhere Stellen melden.

Es ist deshalb dringend notwendig, dass die mexikanischen Behörden das Ausmaß von Feminiziden und Verschwindenlassen und auch die Straflosigkeit, die in vielen dieser Fälle herrscht, öffentlich anerkennen, und deutlich machen, dass diese Verbrechen nicht länger ungestraft bleiben. Außerdem müssen die Behörden personell, technisch und finanziell deutlich besser ausgestattet und diejenigen, die Ermittlungen führen, entsprechend dafür ausgebildet werden.

Auf der Homepage von Amnesty International Deutschland befindet sich das Statement zur Veröffentlichung auf Deutsch:

https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/mexiko-justiz-verschwindenlassen-frauenmorde

Der vollständige Bericht ist hier zu finden:

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